A 14 Ein Pole rettete mein Leben
Erzähler: Anton Groiss sen. Reporter: Christopher Groiss
Am Fronleichnamstag 1945, als sich die Dorfbewohner von Pleßberg am Dorfhügel zur Prozession versammelten, kamen die ersten Russen nach Pleßberg. Schon einen Tag vorher waren sie in Kautzen angekommen. Die Dorfbewohner waren alle festlich angezogen. Frauen und Männer warteten auf den Beginn der Messe, als plötzlich Motorengeräusche von Kautzen her zu hören waren.
Als die LKW stehen blieben, sprangen die russischen Soldaten von den Lastwagen und begannen die Leute auszurauben. Die Männer mussten ihre Taschenuhren und Ringe abgeben. Den Frauen wurden Reifen und Ohrringe abgenommen. Als alles eingesammelt worden war, kletterten die russischen Soldaten wieder auf die LKW und verschwanden genauso schnell, wie sie gekommen waren.
Tage später waren sie wieder in Pleßberg und kamen zufällig in das Haus meiner Großeltern. Mein Vater war schon damals bei der Freiwilligen Feuerwehr in Pleßberg und hatte deshalb auch eine Uniform der Feuerwehr im Kasten hängen.
Nun war es so, dass die russischen Soldaten in unserem Haus von meinen Eltern verpflegt worden waren. Nach dem Essen begannen sie die Stube zu durchsuchen und fanden dabei auch die Feuerwehruniform meines Vaters. Sofort wurden die Russen böse, denn sie waren der Meinung, die Uniform sei von der SS.
Die Feuerwehruniform hatte am Ärmel auch einen Adler, wie die Uniform der SS. Ein lautes Geschrei ging in der Stube los, als Russen ihre Waffen zogen und dem Vater an den Kopf hielten um ihn zu erschießen. Die Kinder und seine Frau konnten nicht verstehen, warum die russischen Soldaten so reagierten.
Zufällig kam an diesem Tag ein polnischer Zwangsarbeiter, der schon lange in Pleßberg als Knecht arbeitete, bei uns vorbei. Er hörte das Geschrei und wollte wieder verschwinden. Doch er wurde von den russischen Soldaten entdeckt und ebenfalls in die Stube gezerrt. Gott sei Dank konnte der polnische Flüchtling ein paar Brocken Russisch und erklärte den Soldaten schließlich, dass dies die Uniform der Feuerwehr war. Es dauerte einige Zeit bis sich die Russen davon überzeugen ließen.
Aber ganz ohne Strafe ging es für meinen Vater nicht ab. Er bekam von einem Russen einen kräftigen Schlag ins Gesicht. Nie wieder, dass hat er immer erzählt, hat er sich mehr geschämt als damals.
Das Leben verdankte er dem polnischen Zwangsarbeiter, der zufällig vorbei gekommen war.
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