CZ5 Auswanderung

CZ5 Auswanderung

Erzähler: Ein jüdischer Mann aus Prostejov
Reporter: Heike Knapova

Am 5.März 1939 besetzte die Naziarmee die ehemalige Tschechoslowakei. Ich bin in einer jüdischen Familie geboren, und so suchten meine Eltern, die geahnt haben, was uns droht, die Naziherrschaft zu verlassen.

Am 9. Dezember 1939 haben wir Prostejov verlassen, verbrachten eine Nacht in Prag und gingen dann zum Zug um weiter zu fahren, zum italienischen Hafen Triest. Am Bahnhof wurden wir von Beamten der damaliger Gestapo gründlich durchsucht und ich erinnere mich als achtjähriger Junge habe ich geweint, weil in den Listen, die verzeichneten, was wir mitnehmen durften, eine Uhr nicht angeführt war, die ich zuvor zum Abschied von meinem Onkel bekommen hatte. Diese Uhr habe mir die Deutschen damals weggenommen.

Am 19. Dezember landeten wir mit dem italienischen Schiff "Galilei" in Tel Aviv. Dort verbrachten wir den ganzen Krieg bis 1946. Zum Glück haben wir von den Kriegserlebnissen nicht viel gefühlt. Aber trotzdem, als 1941 die Deutsche Armee in Ägypten stand, wurden wir bombardiert und wir haben viele Nächte im Schutzraum verbracht. Das erste Bombardement kam ohne Vorwarnung, an einem Sommertag, Nachmittag. Ich weiß noch ganz genau, dass wir damals einen Lehrer, der uns Hebräisch gelehrt hat, wegen meines älteren Bruders zu Hause hatten und auf einmal gab es große Detonationen. Wir haben nicht gewusst, was da passierte. Unser Glück war, dass der Lehrer bei uns gewesen war, sonst hätten wir im Garten gespielt und in den Garten sind Bomben gefallen.

Der Vater hat als Offizier gewusst, was los war, er hat alle Fenster aufgemacht, so dass bei uns kein Fenster ausgeschlagen wurde, so wie bei allen Nachbarn. Bei dem damaligen Bombardement sind fast 200 Leute ums Leben gekommen.

(...) 1945 endete der Krieg. Meine Eltern haben sich entschlossen wieder nach Prostejov zurück zu kehren. Mit Hilfe der damaligen Organisation UNRA wurden wir in ein Flüchtlingslager mit Namen El-Shat, an der Mündung des Suez-Kanal ins Rote Meer transportiert. Warum dort hin, ist mir bis heute ein Rätsel. Es herrschte schreckliches Wetter, im Monat Mai erlebten wir dort Hitze bis 58 Grad. In dem Lager sind im selben Jahr 600 Kinder an Hitze gestorben, meistens kleine Kinder.

Und was noch? Da ist noch eine Erinnerung ist in mir, dass wir dort Schießereien zwischen jugoslawischen Leuten erlebt haben. Damals haben Leute, die zu Tito hielten und Leute, die zu General Michajlovic hielten, gegen einander gekämpft. Also, so wie heute, gab es auch schon 1946 zwischen den Jugoslawen Kämpfe.

A34 Vertreibung aus der Heimat II
A40 Auf der Flucht