A15 Flucht und Heimkehr
Erzähler: Alfred Weisgram Reporter: Stefan Winkelbauer
Im Jahre 1945 erfuhr ich durch flüchtende deutsche Soldaten, dass die Russen schon Wien besetzt hätten.
Nach zwei Tagen waren die Russen schon in Thaures, meinem Heimatsdorf. Aber das Entsetzen war groß, denn die Russen kamen betrunken vom Weinviertel zu uns. In dieser Zeit wurden viele Frauen vergewaltigt, Nahrungsmittel wurden geplündert, Haustiere wurden geschlachtet und in ihrem betrunkenen Zustand schossen die Russen oft ziellos herum.
Da fasste ich im Mai 1945 den Entschluss zu flüchten. Ich nahm mein Fahrrad und flüchtete Richtung Westen zu meinem Onkel in Steyr (Oberösterreich), da ich erfahren hatte, dass in Oberösterreich die Amerikaner das Land besetzt haben. In diesem Gebiet von Österreich war das Leben viel angenehmer. Da aber mein Onkel nur eine Wohnung hatte, musste ich bei einem Bauern, wo auch viele andere deutsche Kriegsgefangene arbeiteten, mithelfen.
Nach mehrerem Ansuchen beim Magistrat Linz habe ich dann endlich Anfang Oktober meinen Ausweis zum Nachhausefahren bekommen. Denn ohne Papiere durfte man die Demarkationslinie nicht überschreiten.
In Oberösterreich besorgte ich mir zwei Pferde und einen Wagen. Damit kehrte ich im Oktober 1945 wieder nach Thaures zurück.
Als ich nach Hause kam, fand ich ein leeres Haus vor, denn fast alles war geraubt worden. Ich musste mit allem von vorne anfangen. So erlebte ich die letzten Kriegstage und die ersten Monate der "Befreiung".
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