CZ4 Geschichte einer Jüdin
Erzählerin: Eine jüdische Frau aus Ivanovice Reporter: Heike Knapova
Als der Krieg anfing, war ich 12 Jahre und mein Bruder 7. Mein Vater war Metzger und meine Mutter kümmerte sich um die Bäckerei. Mit uns lebte auch die Oma, Muttis Mutter. Sie war eine sehr belesene Frau. Sie lehrte uns Anstand und Bescheidenheit. Wenn uns Brot auf den Boden fiel, mussten wir es aufheben und küssen, damit Gott nicht böse wurde. Sie lehrte uns ein Gebet: "Mein Schutzengelchen, beschütze mein Seelchen, beschütze es am Tag und in der Nacht vor Schaden und bösen Mächten." Sie war geborene Jüdin. Sie hatte sechs Kinder, die alle Christen zu Eheleuten hatten.
Es kam die Zeit, in der die Verfolgung der Juden begann. Und so mussten Oma und Mutti einen gelben Judenstern tragen. Sie konnten nur zu bestimmten Zeiten einkaufen und aus dem Haus gehen. Wer mit ihnen sprach, setzte sich der Gefahr aus, dass er bestraft wurde. Im April 1942 wurde sie mit 43 anderen nach Theresienstadt deportiert, zusammen mit einer Tochter und einem Sohn. Diese wurden kurz darauf nach Polen gebracht, wo sie auf einen umzäunten Platz getrieben wurden, ohne Dach über den Kopf. Bald gingen sie ins Gas. Im Jahre 1944 musste der Vater ins Lager, weil er mit einer Jüdin verheiratet war und Mutti musste nach Prag. Wir blieben mit meinem Bruder allein. Einmal sind wir nach Prag gefahren und mit Hilfe guter Leute gelangten wir zu dem Zaun, hinter dem unsere Mutti Blätter kehrte. So konnten wir sie sehen und einige Worte mit ihr sprechen. Bald darauf wurden sie nach Theresienstadt gebracht.
Bei uns daheim näherte sich die Front. Mein Bruder war schon 12 Jahre alt und ich 17. Wir lebten allein. Es waren Schüsse, Donner und Flugzeuge zu hören. Mein Bruder hatte Angst und weinte. Wir sahen, wie die nahe Stadt brannte. Wir gruben auf dem Hof ein großes Loch und legten eine Kiste hinein und in diese versteckten wir Bettwäsche und verschiedene Sachen.
Nach einigen Tagen, am Samstag, dem 28. April, ging ich um Lebensmittelkarten, mein Bruder schlief noch. Wir standen am Rathaus und dort spazierten Soldaten der "Frontpolizei". Es kamen Flugzeuge geflogen und in der Nähe waren Schüsse zu hören. Als das geschah, liefen alle nach Hause.
Mein Bruder war nicht zu Hause, aber ich fand ihn bei Freunden. Diese luden uns in ihr Versteck ein. Die Luftangriffe wiederholten sich, und bei einem fiel eine Bombe auf unser Haus und es verbrannte. Unsere Freunde behielten uns bei sich.
Vati kehrte erst in der Nacht am 13. Mai nach Hause zurück. Er kam nach Hause und fand eine Ruine. Er fragte überall nach uns Kindern, endlich fand er uns. Am Nachmittag kam ein Herr und richtete aus, dass zwei Frauen aus dem Konzentrationslager zurückkommen, wir sollten ihnen entgegen gehen. Das waren unsere Mutti und unsere Tante. Das war eine wunderbare Begegnung.
|